Nachhaltige Ernährung

Planet Health Conformity Index (PHC): Ein neuer Ansatz für mehr Orientierung im Labeldschungel – Gesundheits- und Umweltqualität von Lebensmitteln zusammen denken

Die Transformation hin zu einem nachhaltigen Ernährungssystem erfordert klare Orientierung und präzise Bewertungsansätze, die Gesundheits- und Umweltaspekte verknüpfen.

Aus diesem Grund wurde der Planet Health Conformity Index (PHC) entwickelt, der diese Aspekte in einer ganzheitlichen Kennzahl vereint. Im Gegensatz zu mono-dimensionalen Labeln wie dem Nutri-Score (Fokus: Gesundheit) oder Eco-Score (Fokus: Umwelt) berücksichtigt der PHC beide Aspekte – und überprüft diese im Rahmen der planetaren Grenzen (#Planetary Health Diet).

In Summe wurden 125 Lebensmittel untersucht, die den durchschnittlichen Warenkorb in Deutschland repräsentieren. Die Ergebnisse zeigen, dass viele Produkte bei rein masse- oder energiebezogener Bewertung oft fälschlicherweise innerhalb der planetaren Grenzen eingestuft werden.

Die erweiterte Betrachtung der Nährstoffprofile mit dem PHC offenbart jedoch häufig signifikante Überschreitungen der planetaren Grenzen: bei CO₂-Emissionen bei 38% der Produkte, bei der Flächennutzung (41%), beim Wasserverbrauch (27%), bei mineralischem Stickstoffdünger (34%) und bei mineralischem Phosphordünger (71%).

Hierbei erlaubt der PHC eine differenzierte Produktbewertung, indem die Planetary Health Diet (PHD) auf Nährstoffebene übersetzt und so eine anpassbare und kontextspezifische Anwendung möglich wird. In Abhängigkeit von der Zielgruppe (Kinder/Jugendliche, Senioren, etc.) sind die Ergebnisse somit je nach Nährstoffbedarf individualisierbar. In der Basisversion beleuchtet der neue Index 18 public-health-relevante Makro- und Mikronährstoffe.

Warum wurde der PHC entwickelt?

  • Vermeidung von Zielkonflikten, durch die gemeinsame Betrachtung von gesundheitlichen UND ökologischen Effekten von Lebensmitteln visualisiert in einem Label (inkl. Mikronährstoffe)
  • Einordnung/Normierung der Ergebnisse im Kontext der planetaren Grenzen (#PHD)
  • Schaffung einer Kennzahl, die universell für alle Lebensmittel bestimmbar ist und dennoch an die Nährstoffbedürfnisse unterschiedlicher Zielgruppen angepasst werden kann
  • Schaffung einer Kennzahl, die nicht nur auf Ebene einzelner Lebensmittel, sondern auch auf Ebene von Rezepturen, Mahlzeiten, Speiseplänen und kompletten Ernährungsweisen anwendbar ist.

Weitere Eckdaten der Studie: Von den 125 untersuchten Lebensmitteln stammen neun aus biologischer Landwirtschaft und die restlichen 116 aus konventioneller Produktion.

Auswertung nach Produktionsländern/Herkunft:
Deutschland: 25 Lebensmittel aus inländischer Produktion
Frankreich: 12
Niederlande: 8
Spanien: 6
Polen: 5
Italien: 3
USA: 3
Indien: 3
Die restlichen 60 Artikel verteilen sich auf weitere 21 Herkunftsländer.

Auswertung nach Produktgruppen:
Getreide: 22 Produkte
Stärke/Zucker-Lieferanten: 8
Öle/Fette: 9
Gemüse: 19
Hülsenfrüchte: 7
Obst: 16
Nüsse/Saaten/Kakao: 18
Tierische Produkte: 16
Getränke: 10

Erklärung des PHC anhand eines Beispiel-Lebensmittels: Bananen aus Ecuador

Abbildung 1: Beispiel: PHC-Single-Scores für CO2e-Emissionen (GWP) pro Nährstoff für Bananen aus Ecuador (aus konventioneller Landwirtschaft)

/// Leseanleitung der Abbildung ///

Dunkelgrüner Kreis: die über das Lebensmittel aufgenommenen Nährstoffe können innerhalb der Hälfte der planetaren Grenze bereitgestellt werden (A-Label = PHC < 0,5)

Hellgrüner Kreis: die über das Lebensmittel aufgenommenen Nährstoffe können innerhalb der planetaren Grenze bereitgestellt werden  (B-Label = PHC 0,5 – 1)

Gelber Kreis: Planetare Grenze um das 1 bis 2-fache überschritten (C-Label = PHC 1 – 2)

Oranger Kreis: Planetare Grenze um das 2 bis 4-fache überschritten (D-Label = PHC 2 – 4)

Roter Kreis: Planetare Grenze um mehr als das 4-fache überschritten (E-Label = PHC >4)

Unterschiede zwischen Lebensmitteln (weitere Beispiele: Weizen, Tomate und Pfirsich)

Abbildung 2: PHC-Single-Scores für ausgewählte pflanzliche Lebensmittel für alle betrachteten Makro- und Mikronährstoffe in Bezug auf CO2e-Emissionen, Landnutzung, Süßwassernutzung, mineralischem Stickstoff- und Phosphordüngereinsatz

PHC-Gesamtindex für alle untersuchten Produkte und Umweltwirkungen

Abbildung 3: PHC-Gesamtindex für alle untersuchten Lebensmittel in Bezug auf CO2e-Emissionen, Landnutzung, Süßwassernutzung, mineralischem Stickstoff- und Phosphordüngereinsatz

Abkürzungen

AR = Argentina
BR = Brazil
CA = Canada
CO2e = Emissions of CO2-equivalents
conv. = Conventional Production
CZ = Czech Republic
DE = Deutschland (Germany)
EC = Ecuador
ES = Espana (Spain)
FR = France
GLO = Global
GWP = Global Warming Potential
HGH = Heated Greenhouse
IT = Italy
L = Liter
MM = Market Mix
MPUFA = Mono- and poly-unsaturated Fatty Acids
nFU = Nutritional Functional Unit
NL = Netherlands
nLCA = Nutritional Life Cycle Assessment
N-min = Application of mineral nitrogen fertilizer
NuPlaBos = Nutrient related Planetary Boundaries
OF = Open Field
org. = Organic Production
PHC = Planet Health Conformity
PHC-L = Planet Health Conformity-Label
PL = Poland
P-min = Application of mineral phosphorous fertilizer
RoW = Rest of the World
SFA = Saturated Fatty Acids
UA = Ukraine
UGH = Unheated Greenhouse
US = United States
VN = Vietnam

Schlussfolgerung & Fazit

Der PHC stellt einen Meilenstein für Multi-Nutritional Life Cycle Assessments (mnLCA) dar. Mit der Zwei-Faktor-Methodik verbindet der neue Index Umwelt- und Gesundheitsaspekte und ermöglicht die Anwendung nicht nur auf Basis einzelner Lebensmittel, sondern auch auf Ebene von Rezepturen, Speiseplänen, Warensortimenten und kompletten Ernährungsweisen. Dies schafft eine belastbare Grundlage für eine zukunftsweisende und nachhaltige Lebensmittelkennzeichnung.

Zukünftige Ökobilanzen von Lebensmitteln, die einen Vergleich verschiedener Lebensmittel zum Ziel haben, sollten vorrangig eine nährwertbezogene funktionelle Einheit (nFU) als Bewertungsgrundlage verwenden, da die Ernährung die Hauptfunktion von Lebensmitteln ist.

Herkömmliche Ansätze, die die ernährungsphysiologische Qualität außer Acht lassen, können zu verzerrten Vergleichen führen. Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass Ergebnisse, die auf nFUs basieren, erheblich von denen abweichen können, die auf masse- oder energiebasierten funktionellen Einheiten beruhen.

Multi-Nährstoff-FUs bieten eine umfassendere Sicht auf die Umweltauswirkungen von Lebensmitteln und decken sowohl ökologische als auch gesundheitliche Dimensionen ab. Damit nFUs eine wirksame Orientierungshilfe für Verbraucher darstellen und so zu einem nachhaltigerem Ernährungssystem beitragen, sollten sie mit Empfehlungen abgestimmt und im Kontext von Ernährungsbedürfnissen und des Gesundheitszustands der Bevölkerung/Zielgruppe betrachtet werden.

Publikation

Meier T, Schade S, Forner F, Eberle U (2024). Bridging Nutritional and Environmental Sustainability within Planetary Boundaries in Food Life Cycle Assessments: SWOT review and development of the Planet Health Conformity Index. Sustainability (MDPI), 16(23), 10658. doi: 10.3390/su162310658 (Link zum Journal)